Reisebericht: Single–Wanderreise Jakobsweg und Atlantik

08.06. – 17.06.2023, 10 Tage Wanderreise für Singles in Nordspanien mit Bilbao – San Sebastian – Picos de Europa – Jakobsweg – Santiago de Compostela – Atlantikküste – Porto (60 Wanderkilometer)


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Wir pilgern und wandern, schauen nach Außen und auch ins Innen, wir Lachen und Weinen miteinander - eine intensive, wundervolle Woche im Norden Spaniens!
Ein Reisebericht von
Sabine C. Seifert
Sabine C. Seifert

Flug nach Bilbao

Entspannt starteten wir am Morgen in Dresden, um nach der ausführlichen Sicherheitskontrolle ins Flugzeug nach Frankfurt zu steigen. Dort trafen sich fast alle Gäste am Gate und erste Kontakte wurden geknüpft. Voller Vorfreude hoben wir ab, Bilbao entgegen.
Bereits nach einer kurzen Fahrt kamen wir in unserem Hotel Conde de Duque in Bilbao an. Einige Gäste hatten schon den Nachmittag in Bilbao verbracht und warteten bereits auf unsere Ankunft. Schnell umgezogen und schon starteten wir zu unserem Spaziergang entlang des Fluss Nervión zum Guggenheim-Museum. Dieses emblematische Bauwerk veränderte nicht nur die Stadt, indem es seine industrielle Vergangenheit hinter sich ließ, sondern zog Kunstliebhaber, Architekten und natürlich Touristen wie uns gleichermaßen an.
Über die La Salve Brücke schlenderten wir zuerst zum „kleinen“ Puppy, dem beliebten West-Highland-Terrier: Dieser von Jeff Koons geschaffene riesige blumenübersäte Hundewelpe aus (oder auf) einer Stahlkonstruktion wurde 1997 vom Guggenheim-Museums Bilbao erworben und erhielt rechtzeitig zur Eröffnung des Museums, einen festen Platz vor dem Museumsgebäude. Anschließend noch ein kleiner Rundgang rund um das spektakuläre Bauwerk bevor wir in Richtung Restaurant aufbrachen. Von unserem Ausgangspunkt aus gelangten wir über eine breite Treppe zum Nervión-Fluss, wo das Museum eigentlich steht. Frank Gehry, der Architekt, schuf ein wirklich spektakuläres Bauwerk, um das wir teilweise herumgingen, die Spinne „Maman“ von der Künstlerin Louise Bourgeois sowie die verschiedenen Perspektiven und Materialen bewundernd.
Doch schon mussten wir uns abwenden, denn der Magen knurrte, die Tapas-Bar wartete. Nein, die Pintxos warteten, denn hier heißen die Kleinigkeiten nicht Tapas. Doch egal wie sie nun genannt werden, wir ließen sie uns im Kneipenviertel Bilbaos schmecken – erst eine Gilda und danach noch 4 oder 5 andere typische Pintxos, passend dazu einen roten oder weißen Wein und zum Abschluss einen kleinen schwarzen Espresso. Bei soviel Essen war es hervorragend, dass wir bis zum Hotel noch einige 1000 Schritte durch die laue Sommernacht laufen durften.


Gaztelugatxe & San Sebastian

Ein spanisches Frühstück im Magen, dazu ein Cortado - der erste aktive Tag sollte zeitig beginnen. Manuel, unser Busfahrer, wartete bereits auf uns. Mit bequemen Schuhen an den Füßen, die Badesachen in der Tasche und den Hut auf dem Haupte; wir waren gewappnet für das Kommende.
Nicht ganz eine Stunde Fahrt und der Golf von Bizcaya lag vor uns. Eine kleine Insel nur mit einer Treppe mit dem Festland verbunden, regt seit Jahrhunderten die Fantasie der Menschen an - San Juan de Gaztelugatxe. Ein paar wenige Menschen kamen uns entgegen, ansonsten hatten wir den Weg als auch die grandiose Aussicht für uns allein. Die Kreuze zählend überwanden wir die Steintreppe und wollten enthusiastisch die Glocke der Kapelle dreimal läuten. Doch – oh Schreck – das Seil war oberhalb im Kirchenportal eingeklemmt. Es war wohl in der Vergangenheit zu häufig geläutet worden.
Aber die Ruhe hier oben bot sich geradezu für einen kleine Vorstellungsrunde an. Am Vortag war nicht wirklich Zeit dafür geblieben und im Restaurant der Lautstärkepegel zu hoch gewesen.
Mit der Stille war es jedoch schnell vorbei. Beim Aufstieg zum Bus kamen uns nun Gruppen von Touristen sowie mehrere lachende und schwatzende Schulklassen auf Exkursionen entgegen. Schnell liefen wir zum Bus, der uns nach San Sebastian brachte.
Vom Busbahnhof aus, spazierten wir Richtung Meer, erblickten bereits die ersten Jakobsmuscheln als Wegzeichen des Jakobsweges, der hier in San Sebastian für die Nordroute an der Küste entlangführt. Wir trainierten schonmal ein bisschen unser Auge. Nach unserem ersten Erlebnis des Tages brummte uns allerdings ein wenig der Magen, oder es meldete sich einfach der Appetit? Wir hatten bereits so viel über die berühmten Pintxos des Baskenlandes gesprochen, dass wir sie nun auch endlich einmal in der Stadt der berühmten Kochgesellschaften ausprobieren wollten. Eine preisgekrönte Bar in der Altstadt lachte uns mit kleinen verführerischen Happen an, so dass wir nicht widerstehen konnten. Dazu ein Txakoli, ein junger, fruchtiger Weißwein aus dem Baskenland oder ein frisches Bier und der Tag fühlte sich so richtig nach Urlaub an.
Gestärkt traten wir den Aufstieg mit zahlreichen Treppen zum Monte Urgull an. Stufe für Stufe näherten wir uns der ehemaligen Festung, wo sich seit 1950 die 12 Meter hohe Jesusstatue und ein kleines Museum befindet, was in der Vorsaison leider nur am Wochenende geöffnet hat. Trotz allem bot sich uns von hier oben ein fantastischer Ausblick auf die Stadt San Sebastian. Viel hat der Berg Urgull schon gesehen; er war 1794 Zeuge der ersten Kapitulation der Stadt vor den Franzosen und musste hilflos mit ansehen, wie die heutige Altstadt 1813 niederbrannte.
Danach rief jedoch endlich der schöne Stadtstrand San Sebastians, der „Playa de la Concha“ – der Strand der Muschel. Wir begannen unseren Spaziergang über die stattliche Uferpromenade. Am Casino und den Tamarix-Bäumen vorbei, liefen einige von uns lieber weiter am Strand mit den Füßen im Wasser, andere auf der Strandpromenade, immer an dem Geländer entlang, welches von König Alfonso XIII. 1916 höchstpersönlich eingeweiht und mit der Zeit zu einem typischen Symbol für die Stadt wurde. Danach erreichten wir den Palast von Miramar, den einstigen Sommersitz der habsburgischen Königin Maria Christina. Der Miramar-Palast wurde 1893 auf Wunsch von Königin Maria Christina von Österreich errichtet, die ihre Sommerferien in San Sebastian verbrachte. Nachdem sie andere Orte wie den Monte Urgull oder Aiete in Betracht gezogen hatte, entschied sich die Königin für diesen Ort. Der Palast erinnerte uns wohl an englische Landhäuser, wurde auch von dem englischen Architekten, Selden Womun entworfen und war jahrelang die Sommerresidenz des spanischen Königshauses. Da es seit 1973 der Stadt gehört, können auch wir den Ausblick auf die Bucht und die Insel Santa Clara von hier genießen.
Als Überraschung lud Eberhardt Travel die Gruppe zu einer Fahrt mit dem Funicular zum Monte Igueldo ein. Von dort bot sich nochmals eine wunderbare Aussicht auf die baskische Stadt Donostia. Mit einem Eis in der Hand schlenderten wir zum Bus, der uns auch in Bilbao noch an einem tollen Aussichtspunkt heraus lies. Vom Artxanda-Berg schauten wir auf Bilbao, erkannten die Großartigkeit der Stadtplaner und fuhren wieder mit einer Zahnradbahn den Berg hinab, dessen Talstation nur 5 min vom Hotel entfernt lag - Ein wunderbarer Abschluss des Tages!


Cobreces – Comillas und der Höhlenkäse von Cabrales

An Santillana del Mar vorbei zum 600 Seelen Dorf Cobreces, wo wir an der kleinen roten Kirche de San Pedro Ad vincula danach suchten, in welcher Art und Weise das gotische Bauwerk des Erfurter Doms die hiessigen Kirchenbauer inspirierten. Lachend suchten wir den besten Winkel für das perfekte Foto, welcher natürlich vom einzigen Mann der Gruppe schon heimlich gefunden worden war.
In der kleinen Ortschaft Comillas bestaunten wir die Laune Gaudí´s – „El Capricho de Gaudí“. Ein Detail-verliebtes Haus, was in den frühen Schöpferjahren des später so berühmten Architekten entstand. Ein Künstler, der sich intensiv mit den Vorlieben und Eigenarten seines Auftraggebers beschäftigt hatte, bevor er an die Umsetzung seines Werkes ging. Ein Haus voller Musik, obwohl es fast vollständig leer steht.
Nach einem kleinen Imbiss in Comillas fuhren wir durchs wilde Asturien zu den berühmten Höhlenkäsereien in Cabrales. Empfangen durch Marathonläufer, welche an diesem Tag von den Covadonga-Seen durch die Berge bis hierher gelaufen waren, standen wir bei unserer Käserei vor verschlossenen Türen. Naja, wir waren eben vor der Zeit da und die Mittagspause endet hier oft erst um vier Uhr am Nachmittag. Pünktlich erschien unsere fröhlich lachende Käserei-„Fachfrau“. Selbst in Cabrales groß geworden, erzählte sie mit Enthusiasmus, Freude und Stolz über den Käse der Gegend, die Schwierigkeiten bei der Herstellung und wohin der Käse exportiert wird. Obwohl dieser asturische Blauschimmelkäse nicht jedermanns Sache ist, nahmen wir alle die Freude der jungen Frau in unseren Herzen mit, lies sie uns doch auch teilhaben an der Lebensweise der hiesigen Bevölkerung und ihrer Liebe zum Käse.


Ruta del Cares und das Bergdorf Bulnes

Eigentlich stand diese Tour gar nicht in unserem Programm. Allerdings funktionierte die Seilbahn in Fuente Dé in diesen Tagen nicht, so dass wir auf die Wanderung auf der Ruta del Cares zurückgriffen. 12 km lang zieht sich die Garganta Divina – die göttliche Schlucht entlang des Flusses Cares.
Jedoch gibt es nach den 12 km keine einfache Möglichkeit des Rückweges, deshalb mußte eine andere Lösung her. Somit sollte jeder bis maximal 14 Uhr laufen so weit er käme und dann umdrehen. Zwei Kilometer Aufstieg gleich zu Beginn verhieß Anstrengung und den Einsatz der Wanderstöcke.
Über glatte Steine führte uns ein schmaler Weg immer weiter nach oben bis zum Pass Los Collaos: Und ein gigantischer Ausblick belohnte uns für die Strapazen, doch hier überlegte schon die ein oder andere, dass dieser Weg auch wieder abgestiegen werden musste. Eine kleine Pause hatten wir uns trotzdem erst einmal verdient.
Immer an einem Wasserkanal entlang wanderten wir den kurvenreichen, aber jetzt flachen Weg durch die Schlucht von Cares, oftmals den Abgrund neben uns und mit Blick auf schroffe Bergformationen gerichtet, staunten wir über die hoch aufragenden Berge und das tief unter uns liegende Tal, durch das sich der Fluss Cares schlängelt. Ab und an begegneten uns ein paar Bergziegen, die mit ihren Kletterkünsten beeindruckten.
Nach dem Durchqueren einiger Tunnel, dachten die ersten an den Rückweg, wußten, das die Kräfte gut eingeteilt werden mussten, um den Abstieg zu bewältigen. Die Sonne brannte ohne Erbarmen, doch hoch am Himmel zeigten sich die ersten dunklen Wolken, die nach Regen aussahen.
Gegen 16.30 Uhr saßen fast alle in der Bar in Poncebos zusammen, tranken einen Tinto de Verano und warteten. Zwei unserer versierten Wanderer fehlten noch und der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet. Wo blieben sie nur? Die Gruppe brach auf, um mit der Zahnradbahn in das kleine Bergdorf Bulnes zu fahren. Nur Sabine, die Reiseleiterin, blieb, um die Nachzügler in Empfang zu nehmen. Erschöpft und durchnässt kamen Beide an, 24 km in den Beinen. Erst aus der Nähe war das geschwollene Auge und die Abschürfungen, die von einem Sturz herrührten, zu sehen. Glimpflich war es ausgegangen, doch mit einem großen Schreck in den Knochen wurde nun verarztet, gereinigt und schlussendlich auf die Gruppe gewartet. Diese unternahm in Bulnes einen kleinen Rundgang und steuerten auf Anraten ihrer Gruppen-„Reiseführerin“ nicht gleich die erste, sondern erst die zweite Bar an.
Bei der Rückkehr durch die Nachricht des Sturzes unserer Mitreisenden in ihrer Fröhlichkeit gedämpft, waren jedoch alle miteinander froh, dass es viel Glück im Unglück gegeben hatte.
Zurück in unserem wunderbaren Hotel mit in den Picos de Europa half das Thermalwasser und das exzellente Abendessen beim Entspannen, aber auch die heutigen Erlebnisse zu verarbeiten.


Covadonga Seen und Kathedralenstrand

Der Tag begann zeitig, denn heute waren wir in einen straffen Zeitplan eingebunden.
Mit unserem ruhigen Busfahrer Manuel fuhren wir in den ältesten Teil des Nationalparks Pico de Europa, bzw. bis in den Wallfahrtsort Covadonga. Dort stiegen wir in den öffentlichen Bus um, der uns bis zum Besucherzentrum des Parkes brachte, von wo aus es zu Fuß weiter Richtung Covadongaseen ging.
Ein wenig erinnerten uns die Berge und Wiesen an die Landschaft der Alpen. Kühe grasten auf den Weiden des im Jahr 1918 gegründeten Nationalparks der Covadonga-Seen. Damals umfasste das als Nationalpark ausgewiesene Gebiet nur das westliche Massiv mit einer Fläche von fast 17.000 ha und erhielt den Namen "Parque Nacional de la Montaña de Covadonga". Erst 1995 wurde der Nationalpark Picos de Europa um die beiden anderen Massive erweitert. Diese Besonderheit, das im Nationalpark eine Koexistenz zwischen der Natur und der ungewöhnlich großen Zahl menschlicher Bewohner stattfinden muß(te), zeigt uns wie Erhaltung der Natur auf der einen Seite und traditionellen Bewirtschaftungsmethoden auf der anderen Seite in Einklang gebracht werden können.
Bei Durchqueren des ehemaligen Bergwerks Buferrera schauten wir gespannt zum Eingang der Minen, auf denen man noch bis vor kurzem bis zu einem der Seen gelangen konnte. Jedoch nur Dunkelheit blickte uns entgegen, nur an einem Eingang bahnte sich eine Kuh ihren Weg durch den Tunnel und verschwand… Sie wußte besser als die Reiseleitung ;-), dass ein Durchgang offen geblieben war.
Wir erstiegen bei aufziehendem Nebel den Aussichtspunkt El Príncipe, von dem die Geduldigen auf die beiden Gletscherseen Enol und Ercina, die mehr als 1.000 m über dem Meeresspiegel liegen, schauen konnten.
Wieder zurück im Ort Covadonga statteten wir der Heiligen Höhle – La Santa Cueva eine Besuch ab. Genau darunter befindet sich ein kleiner Teich in den sich nach starken Regenfällen ein Wasserfall ergießt. Leider war in diesen Tagen kein Regen in Sicht gewesen. Auch soll hier eine Quelle entspringen, der Wunderkräfte zugesprochen werden, die sich in einen kleinen Brunnen daneben ergießt. Demjenigen der das Wasser trinkt, verheißt es im kommenden Jahr die Heirat. Es wurde nun mehr oder weniger intensiv darüber nachgedacht, ob das im Sinne der teilnehmende Gäste läge. Manche liefen lieber schnell daran vorbei ;-). Da erschien es sicherer einen Fuß in die Basilika von Covadonga zu setzen oder die Zeit für eine kleine Mittags-/Kaffeepause zu nutzen.
Nach soviel Bergwelt wartete am späten Nachmittag die Kantabrische See auf uns. Im Bus durch das grüne Asturien bis nach Galicien blieb Zeit, dem Gesehenen nachzusinnen oder sich von der Landschaft Nordspaniens inspirieren zu lassen. Dieses Grün hätten wir in Spanien gar nicht vermutet. Doch die Küste ist voller Überraschungen. Die nächste lag in Ribadeo vor uns: der Kathedralenstrand. Und wegen genau diesem, musste unser Tag so genau durchgeplant sein. Die volle Schönheit dieses Strandes kann man nur bei Ebbe sehen. Der tiefste Punkt der Tide war an diesem Tag für 16.00 Uhr ausgeschrieben, und genau zur richtigen Zeit trafen wir ein.
Die Praia das Catedrais; was für ein Strand! Nein, ein Naturdenkmal mit übernatürlichen Dimensionen. Nur gerade jetzt öffnete der Himmel seine Schleusen und sorgte dafür das wir von allen Seiten das Element Wasser erfahren durften. Viele zogen einfach die Schuhe aus, spürten den Sand zwischen den Zehen, kletterten über kleine Felsformationen und zwei Mutige trauten sich sogar, in die Fluten zu springen. Juch-he! Vor uns tauchten 30 Meter hohe Pfeiler auf, Meereshöhlen luden den Abenteurer zu Entdeckungen ein. Für eine Weile befanden wir uns in einer Kathedrale des Ozeans.
Müde, doch erfüllt von so viel Schönheit ließen wir den Abend ausklingen.


Pilgern auf dem Jakobsweg bis Arzúa

Nach einem spanischen Frühstück schnürten wir fest entschlossen die Wanderschuhe, um heute auf einem Teil des legendären Camino Francés´, dem Jakobsweg zu pilgern. Am Anfang gab es eine kleine Einführung der Beschilderung, schließlich sollte sich ja keiner verlaufen. Heute folgten wir der Muschel oder den gelben Pfeilen. Diese Beschilderung des Jakobsweges hatte ihre Anfänge in den 1970er Jahren, denn früher war der Jakobsweg nicht ausgeschildert. Im Mittelalter, besonders in den ersten Jahren der Pilgerfahrt nach Compostela, verliefen sich viele Pilger in den Bergen und kamen niemals am Grab des Apostels Jakobus an. Im Laufe der Zeit begann man den Jakobsweg mit Kreuzen und Steinhügeln auszuschildern, um den Pilgern die Wanderung zu erleichtern. Die gelben Pfeile des Jakobsweges kamen erst 1984 dazu. Ihr Schöpfer war Elías Valiña, der Pfarrer von O Cebreiro, der kanonisches Recht studierte und seine Doktorarbeit über den Jakobsweg schrieb.
In O Leboreiro, einem Pilgerort, der schon im alten Pilgerführer Campus leuurarius erwähnt wurde, begann unser Abenteuer. Knapp 5 km lagen vor uns bis nach Melide, wo wir den ersten Treffpunkt im Restaurant La Garnacha vereinbart hatten. Hier muß man einfach einkehren und mutig Pulpo – Tintenfisch probieren. Melide wirbt damit, dass man hier den beste Oktopus in Galicien essen kann. Der Name "pulpo á feira" stammt im Übrigen von der Art und Weise, wie dieses Gericht auf den alten Viehmärkten in den Dörfern zubereitet wurde. Der Ruhm der Pulperías in Melide basiert auf dieser Tradition und wurde vor allem durch die Pilger in die Welt getragen. Eberhardt Travel lud zum Mittagessen ein, und nach so viel frischer Luft, ließen wir uns den Tintenfisch, Pimientos Padrón, Kartoffeln oder den Galicischen Eintopf munden.
Weitere 14 km wollten von uns gegangen werden. Über römische Brücken, durch schattige Wälder, an Flüsschen entlang, spürte so Mancher den Charme des Pilgerns. Das Wetter zeigte ebenfalls die Vielseitigkeit des Pilgerlebens: Regenponcho an, Stöcke raus, Poncho wegpacken, Sonnenhut aufsetzen, Regenschirm aufspannen und gleich als Sonnenschirm weiternutzen. Die tolle Eberhardt-Wandergruppe, die sich hier gefunden hatte, nahm das alles mit Humor. Und sie gab heute jedem den Freiraum, auch einige Kilometer allein zu laufen, in sich zu gehen und nachzudenken, um sich dann im Ort Boente an der Brücke, die den Fluss Iso überspannt oder erst in Arzúa wiederzutreffen.


Der Berg der Freude und unsere Ankunft in Santiago de Compostela

Dem Körper gönnten wir auch heut keine Pause. Wieder mit den Wanderschuhen ausgerüstet, fuhren wir bis zum Campingplatz in San Marco einige Kilometer vor dem Berg der Freude, dem Monte do Gozo von wo wir die letzte, jedoch kurze Etappe nach Santiago de Compostela laufen wollten. Nur der Berg der Freude rüstete sich an diesem Tag für andere Freuden. Ein Musikfestival wurde vorbereitet, alles zugestellt mit Gerüsten, Containern und mietbaren Zelten. Selbst das Monument des Pilgers blieb nicht verschont und wurde eingerüstet. Einen kurzen Moment verharrten die Arbeiter, gaben uns einen Augenblick, um zu fotografiern und schon verschwand alles hinter Bauzäunen. Wir zogen uns an einen ruhigen Ort zurück, und Sabine zauberte Jakobsmuscheln aus ihrem Rucksack, die ein jeder als Zeichen des Pilgers erhielt. Mit Gesang und unserem Innehalten schien die Zeit für einen Moment still zu stehen.
Welche sonstigen kuriosen Ideen an diesem Tag unserem Geiste entsprangen, erzählen wir nur persönlich weiter… :-)
Über den Plaza Obradoiro flitzten wir in Eile, nur einen kurzen Blick auf die Obradoiro-Fassade der Kathedrale werfend. Wir schafften es gerade noch pünktlich zur 12 Uhr Messe. Und dann hörten wir den Anfang der Messe und eine Danksagung an Pilger aus Florida. Das bedeutete wohl Glück, oder? So gern hätten wir den Botafumeiro durch das Querschiff schwingen sehen. Würde es heute klappen? Früher konnte man den Botafumeiro der Kathedrale von Santiago fast jeden Tag in Betrieb sehen. Allerdings zeigten Restaurationsarbeiten im Jahr 2006, den Verschleiß des Seils und des Weihrauchfasses und der tägliche Gebrauch des riesigen Pendels wurde beträchtlich eingeschränkt. Somit wird der große Weihrauchkessel nur an 12 wichtigen Kirchentagen in Betrieb genommen oder … wenn jemand bezahlt... Und welch eine Freude – am Schluss der Messe zogen 8 Kirchenmänner bedächtig und kraftvoll an dem Seil, welches den Botafumeiro mit 65 km/h hin und her schwenken lies.
Am Nachmittag erkundeten wir den wohl berühmtesten Pilgerort Europas. Jeden zog es in eine andere Ecke, doch am Abend saßen wir zufrieden beim Abendbrot zusammen und hatten viel zu erzählen.


Kap Finisterre, Carnota und Galicischer Wein

Ausgeschlafen und gestärkt, standen wir am Morgen zur Abfahrt ans Ende der Welt bereit. Ein Gast unserer Gruppe war vor allem deshalb mit uns auf dieser Reise. Sie unternahm diese Reise mit Eberhardt Travel bereits zum zweiten Mal und freute sich besonders auf diesen Tag, denn die Exkursion zum Cabo Fisterre wurde neu ins Programm aufgenommen. Ein wirklicher Gewinn – wie wir alle fanden.
Gut geplant, erreichten wir das Kap noch vor dem großen Ansturm der Tagestouristen. Fast allein bummelten wir zum km 0 und anschließend zum Leuchtturm. Mit den Gedanken allein, konnte ein mitgebrachter Stein (der Sorgen und Nöte) am Kreuz abgelegt werden, der Blick in die Weite schweifen, um sich am Schluss wieder auf sich selbst zu konzentrieren. Wandernd wurden die umliegenden Aussichtspunkte erstiegen, den kratzigen Brombeersträuchern getrotzt und ein Urlaubs-Cortado getrunken.
Weiter ging es nach Carnota, dem malerischen Dorf mit einem der längsten Getreidespeicher – einem sogenannten Horreo – Galiciens. Mehr Zeit wurde erbeten, weil der Ort einfach so wunderbar aus der Zeit gefallen schien. An der Küste entlang gelangten wir zum Weingut Granbazan, einem der Weingüter welches sich dem Albarino- Weißwein verschrieben hat. Das kühlere und feuchte Galicien bietet sich für den Anbau für Weißwein bestens an und in den letzten Jahrzehnten wurden Weinliebhaber auf diese Reben aufmerksam. Bedauerlicherweise bestand unsere Gruppe zum Großteil aus Rotweinliebhabern, so dass zwar der Verkostung sehr interessiert gefolgt wurde, jedoch hielt sich die Begeisterung beim Wein eher in Grenzen.
Am Abend erreichten wir das Küstenstädtchen Poio, wurden wärmsten in dem kleinen Hotel empfangen und tauchten die Füße im Abendlicht nochmals ins kühle Nass der Ria.


Baden und Wandern auf der Isla Ons

Der heutige Tag stand ganz im Zeichen der Erholung. Schifffahrt, Inselwanderung oder Baden im Atlantik. Am Fährhafen saßen die Fischerinnen und flickten die Netze. Bei strahlendem Sonnenschein schauten wir auf das blaue Meer, ein schöner Tag, um ein Naturparadies zu erkunden. Die Insel Ons gehört zum maritim-terrestrischen Naturpark der Atlantischen Inseln Galiciens. Dieser Archipel besteht aus der Hauptinsel Ons, der Insel Onza oder Onceta und weiteren kleineren Inseln.
In diesem streng geschützten Naturraum konnten wir die Natur in vollen Zügen genießen. Wir gewannen einen kleinen Überblick über die Insel, wanderten zum Aussichtspunkt, der uns mit seinen Steinformationen an England erinnerte, blickten in den Höllenschlund und umrundeten die Hälfte der Insel. So Mancher brauchte noch mehr Bewegung, spazierte noch bis zum Leuchtturm - einen der größten Spaniens -, doch andere suchten lieber Entspannung und sprangen ins kühle Wasser.
Der Abend klang mit lieben Worten und einem Abschiedscocktail aus.


Porto

Leider mussten wir heut schon endgültig die Koffer packen, unser Heimflug stand bevor.
Doch zuvor blieb noch ein winziges Zeitfenster, um die portugiesische Stadt Porto kennenzulernen.
Unser Spaziergang in Porto sollte mit der Überquerung wir der Brücke Ponte Dom Luis I. unterhalb vom Kloster Serra do Pilar beginnen. Allerdings warteten schon seit Anfang der Reise 3 Flaschen Txacoli darauf, von uns getrunken zu werden, Korkenzieher waren umsonst in Rucksäcken transportiert worden. Jetzt endlich ergab sich die Gelegenheit. Mit einen wunderschönen Ausblick auf die Brücke und die Altstadt von Porto mit einem Wein aus dem Baskenland, wo unsere Reise begonnen hatte, nahmen wir Abshcied von unserer Gruppe, der Reise, von Spanien und Portugal.
Dann liefen wir beschwingt über die Eisenfachwerkbrücke Dom Luis-I-Brücke (Ponte Luis I), die zwischen 1881 und 1888 erbaut wurde. Die Brücke aus Metall verbindet, die durch den Fluss Douro getrennten Städte Porto und Vila Nova de Gaia miteinander und wurde von dem Ingenieur Teofilo Seyrig, einem Schüler von Gustave Eiffel, entworfen.
Wir kamen direkt auf den Platz vor der Kathedrale Sé do Porto heraus. Mit dem Bau der Kathedrale wurde schon im 12. Jahrhundert begonnen, und im Laufe ihrer Geschichte hat sie zahlreiche Umbauten erfahren. Sie ist eine Mischung verschiedener Stilrichtungen, der größte Teil ist barock, die Struktur der Fassade romanisch, während der Kreuzgang und die Kapelle San Juan Evangelista gotisch sind.
Jeder nutzte nun die wenige Freizeit auf seine Weise. Manche fuhren mit dem kleinen touristischen Zug durch die Stadt, um sich einen Überblick zu verschaffen.

An der Seilbahn-Station fanden wir schlussendlich ein Restaurant mit fantastischer Aussicht auf die Altstadt von Porto. Hier ließen wir uns nieder, genossen einen frischen Orangensaft, probierten zum ersten mal weißen Portwein oder schwelgten in puren Schokoladenträumen.

Nun hieß es – Adiós España, Adeus Portugal.


Schlusswort

„Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.“ (Johann Wolfgang von Goethe, deutscher Dichter, 1749 – 1832)

Kommentare zum Reisebericht

Liebe Sabine, die Reise war wunderbar, Abwechslung in Kunst, Kultur, Anspannen und Entspannen, kulinarischen Genuss und ganz besonders durch dich. Deine Gabe, uns dein vielfältiges Wissen verständlich, lustig, zugänglich, auf gar keinen Fall eintönig und langweilig, weiterzugeben, hat mich beeindruckt. Du hattest Engelsgeduld, wenn die selbe Frage zum x ten mal gestellt wurde, für jeden Teilnehmer, jedes Anliegen ein offenes Ohr, die herzliche, warme Art wurde mir mehrfach zuteil, besonders nachdem der Sturz mich doch in den folgenden Tagen sehr mitgenommen hatte ( was ich vor der Gruppe zu verbergen versucht hatte)
Dir und deiner Familie eine tolle Zeit in Italien.
Alles Liebe und Gute von Moni

Die Pilgerreise im März 2024 ist schon mein Favorit

Monika Tödtmann
29.07.2023

Liebe Monika,

vielen lieben Dank für Deinen kurzen Reisekommentar und deine lieben Worte. Ich hoffe, Du bist nun wieder vollständig gesundheitlich hergestellt und kannst mit Freuden auf die kommenden Reisen schauen. Die Pilgerreise Portugal steht nun auch Online :-)

Bis bald, herzlichst

Sabine

Sabine C. Seifert 10.10.2023